TENS-Geräte und Polyneuropathie: Eine effektive Hilfe bei Nervenschmerzen?
Polyneuropathie betrifft etwa 5–8 % der Erwachsenen und ist die häufigste Erkrankung des peripheren Nervensystems. Die Ursachen reichen von Diabetes mellitus über Alkoholmissbrauch bis hin zu Nebenwirkungen von Medikamenten [¹]. Die Symptome können von leichten Missempfindungen wie Kribbeln bis hin zu schweren Nervenschmerzen oder Muskelschwäche reichen [²]. Doch kann ein TENS-Gerät in solchen Fällen wirklich helfen?
Was ist ein TENS-Gerät?
TENS steht für Transkutane Elektrische Nervenstimulation. Es handelt sich um ein kleines Gerät, das elektrische Impulse über Elektroden auf der Haut abgibt. Diese Impulse sollen die Nerven stimulieren und so Schmerzen lindern. Dabei unterscheidet man zwischen:
- Niederfrequenter TENS (1–10 Hz)
- Hochfrequenter TENS (50–100 Hz)
Wie wirkt TENS bei Polyneuropathie?
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Schmerzkontrolle durch Endorphine
Die TENS-Therapie kann den körpereigenen Schmerzkontrollmechanismus aktivieren, indem Endorphine – natürliche Schmerzmittel – freigesetzt werden [³]. -
Verbesserung der Durchblutung
Hoch- und niederfrequente TENS-Anwendungen fördern die Durchblutung und erhöhen die Hauttemperatur, was insbesondere bei diabetischer Polyneuropathie positiv wirken kann [⁴]. -
Nervenleitfähigkeit
Ein interessanter Effekt von TENS ist die Freisetzung von vaskulärem endothelialem Wachstumsfaktor (VEGF), der die Nervenregeneration und Leitfähigkeit bei diabetischer Polyneuropathie unterstützen könnte [⁵]. -
Stärkere analgetische Wirkung bei hochfrequentem TENS
Studien zeigen, dass hochfrequente TENS-Anwendungen eine stärkere Schmerzlinderung bieten als niederfrequente Anwendungen, insbesondere bei distaler Polyneuropathie [⁶].
Was sagt die Forschung über TENS bei Polyneuropathie?
Es gibt eine Vielzahl von Studien, die die Wirksamkeit von TENS bei Polyneuropathie untersuchen:
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Schmerzlinderung ohne Nebenwirkungen
Laut einer Meta-Analyse bietet TENS eine signifikante Schmerzlinderung bei Patienten mit diabetischer Polyneuropathie, ohne relevante Nebenwirkungen zu verursachen [⁷]. -
Effektiver als pharmakologische Therapien
Eine Untersuchung zeigt, dass TENS in einigen Fällen pharmazeutische Schmerztherapien übertrifft [⁸]. -
Vergleich mit elektrischer Muskelstimulation
Interessanterweise war hochfrequente elektrische Muskelstimulation (HF-EMS) effektiver als TENS bei der Behandlung von Symptomen einer diabetischen Polyneuropathie [⁹]. Dennoch bleibt TENS aufgrund seiner einfachen Anwendung eine bevorzugte Methode für viele Patienten.
Welche Vorteile bietet TENS bei Polyneuropathie?
- Nicht-invasiv: Keine Spritzen, keine Operationen.
- Einfache Handhabung: TENS-Geräte sind leicht zu bedienen und können zu Hause verwendet werden.
- Flexibel einsetzbar: Die Frequenz und Intensität können individuell angepasst werden.
- Kaum Nebenwirkungen: Im Vergleich zu Medikamenten verursacht TENS kaum Nebenwirkungen.
Wie wird ein TENS-Gerät bei Polyneuropathie angewendet?
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Positionierung der Elektroden
Die Elektroden werden in der Nähe der schmerzenden Bereiche angebracht, z. B. an den Füßen oder Beinen. -
Einstellung der Frequenz
Für akute Schmerzen wird häufig hochfrequentes TENS (50–100 Hz) empfohlen, während niederfrequentes TENS (1–10 Hz) bei chronischen Schmerzen wirksam sein kann. -
Anwendungsdauer
Empfohlen wird eine Anwendung von 20–30 Minuten pro Sitzung, mehrmals pro Woche. -
Konsultation mit einem Arzt
Bevor du ein TENS-Gerät verwendest, solltest du Rücksprache mit deinem Arzt halten, um die richtige Frequenz und Platzierung der Elektroden zu ermitteln.
Gibt es Einschränkungen?
Trotz der vielen Vorteile gibt es auch Fälle, in denen TENS nicht geeignet ist:
- Personen mit Herzschrittmachern sollten kein TENS verwenden.
- Die Anwendung während der Schwangerschaft sollte nur nach Absprache mit einem Arzt erfolgen.
- Menschen mit empfindlicher oder geschädigter Haut sollten vorsichtig sein.
Zusammenfassung: Ist TENS eine sinnvolle Option bei Polyneuropathie?
TENS kann bei Polyneuropathie eine wirksame und schonende Möglichkeit zur Schmerzlinderung sein. Es aktiviert die körpereigene Schmerzkontrolle, verbessert die Durchblutung und kann sogar die Nervenregeneration fördern. Studien belegen, dass TENS in vielen Fällen positive Effekte zeigt, insbesondere bei diabetischer Polyneuropathie. Dennoch ist es wichtig, vor der Anwendung Rücksprache mit einem Arzt zu halten, um die optimale Therapie zu gewährleisten.
Häufige Fragen zu TENS bei Polyneuropathie
1. Kann TENS auch bei anderen Formen der Polyneuropathie helfen?
Ja, TENS wird nicht nur bei diabetischer Polyneuropathie, sondern auch bei alkohol- oder medikamentenbedingten Nervenschäden eingesetzt.
2. Ist TENS schmerzhaft?
Nein, TENS ist in der Regel schmerzfrei. Die elektrischen Impulse können sich wie ein leichtes Kribbeln anfühlen.
3. Wie schnell zeigt TENS Wirkung?
Viele Anwender berichten bereits nach wenigen Sitzungen von einer Schmerzlinderung, während andere etwas mehr Zeit benötigen.
Studien
¹ Schweikert-Wehner, P. (2019): Polyneuropathien betreffen etwa 5–8 % der Erwachsenen und sind die häufigste Erkrankung des peripheren Nervensystems. Ursachen können unter anderem Diabetes mellitus, Alkoholmissbrauch oder Medikamente sein. DOI: 10.3238/PersNeuro.2019.09.13.03
² Sommer et al. (2018): Polyneuropathien können durch unterschiedliche Ursachen wie Diabetes, genetische Veranlagung oder Infektionen ausgelöst werden. Die Symptome reichen von Kribbeln bis hin zu Muskelschwäche. DOI: 10.3238/arztebl.2018.0083
³ Ortu et al. (2015): TENS-Therapie kann den körpereigenen Schmerzkontrollmechanismus aktivieren, indem Endorphine freigesetzt werden. DOI: 10.1177/0394632015572072
⁴ Cramp et al. (2000): Hoch- und niederfrequente TENS-Anwendungen können die Durchblutung und die Hauttemperatur fördern. DOI: 10.1046/j.1365-2281.2000.00240.x
⁵ Bevilacqua et al. (2007): TENS führte zu einer Freisetzung von vaskulärem endothelialem Wachstumsfaktor (VEGF), was potenziell positive Effekte auf die Nervenleitfähigkeit bei diabetischer Polyneuropathie hat. DOI: 10.1007/BF03349242
⁶ Al-Zamil et al. (2021): Hochfrequentes TENS zeigte eine stärkere analgetische Wirkung im Vergleich zu niederfrequentem TENS bei distaler Polyneuropathie. DOI: 10.33920/med-14-2106-05
⁷ Jin et al. (2010): Eine Meta-Analyse zeigte, dass TENS signifikante Schmerzlinderung bei diabetischer Polyneuropathie bietet, ohne relevante Nebenwirkungen. DOI: 10.1016/j.diabres.2010.03.021
⁸ Kulikova et al. (2022): TENS bietet eine signifikante Schmerzlinderung und übertrifft in einigen Fällen pharmakologische Therapien. DOI: 10.4081/ejtm.2022.10687
⁹ Reichstein et al. (2005): Hochfrequente elektrische Muskelstimulation (HF) war effektiver als TENS bei der Behandlung der Symptome einer diabetischen Polyneuropathie. DOI: 10.1007/s00125-005-1728-0